Handtuch
Meine Schwägerin aus Italien war vor zwei Monaten zu Besuch, und mit ihr kamen ihre Kinder – immer schön und immer mit ein paar Überraschungen. Nach ein paar Tagen fiel mir etwas Merkwürdiges auf: Der Mülleimer im WC war plötzlich voll mit Klumpen von Toilettenpapier. Nun bin ich niemand, der sich schnell über irgendetwas aufregt, aber dieser Mülleimer glich einer kleinen Papierberg. Alte Klopapierrollen lagen in einem gemütlichen Stapel daneben. Nach drei Tagen wurde ich dann doch neugierig. Wer war verantwortlich für diese Papierinvasion?**
Eine kurze Untersuchung führte mich schnell zu meinem Neffen, der es sich irgendwie angewöhnt hatte, sich nach dem Händewaschen die Hände mit Toilettenpapier abzutrocknen. An sich kein Problem, könnte man meinen, aber es sorgte eindeutig für eine logistische Herausforderung. Zeit, mal nachzufragen.
Beim Mittagessen nutzte ich meine Chance. Zwischen Pasta und Salat stellte ich ihm beiläufig eine Frage: „Hey, ich habe gesehen, dass du dir die Hände mit Toilettenpapier abtrocknest. Einfach aus Neugier: Warum machst du das eigentlich?“ Keine Antwort. Hm. Na gut, dann weiterfragen. „Machst du das zu Hause auch so?“ fragte ich. Er schaute mich an, als hätte ich ihn gerade gefragt, ob er schon mal auf dem Mond zu Mittag gegessen hat. „Nein, natürlich nicht“, antwortete er. „Nur hier.“
„Ah, also nur in den Niederlanden“, sagte ich, leicht erstaunt. „Und warum hier, aber zu Hause nicht?“ Er zuckte mit den Schultern und sagte: „Weil ich das Handtuch hier auf der Toilette nicht mag.“ Es stellte sich heraus, dass er die Struktur des Handtuchs – ein bisschen reliefartig – unangenehm fand.
„Okay, also wenn wir ein anderes Handtuch aufhängen, ist das Problem gelöst?“ fragte ich, mein Detektivspiel fast abgeschlossen. „Ja“, nickte er überzeugt. „Und hast du eine Farbvorliebe?“ Er dachte kurz nach. „Gelb“, sagte er schließlich. Zufällig hatte ich noch ein gelbes Handtuch zu Hause. Ich holte es sofort hervor und zeigte es ihm. „So was?“ Er nickte anerkennend. „Genau so was!“
Von diesem Moment an: kein Spur mehr von Toilettenpapier im Mülleimer. Das Wunder des gelben Handtuchs hatte gewirkt.
Es zeigt mal wieder, wie oft die kleinsten Dinge, ein bisschen Neugier und ein einfaches Gespräch zu einer Lösung führen können. Und mal ehrlich: Manchmal steckt die größte Weisheit in einem einfachen gelben Handtuch.**
Anbei drei Reflexionsfragen für persönliches Wachstum anhand der Geschichte:
1. Welche Annahmen haben Sie in Ihrem Alltag, und wie oft sprechen Sie mit anderen darüber, um diese zu überprüfen?
2. Wie oft hören Sie wirklich urteilsfrei zu, was andere brauchen, und sind Sie bereit, kleine Dinge anzupassen, um auf deren Bedürfnisse einzugehen?
3. Wie oft suchen Sie nach einer *praktischen* Lösung, anstatt in Frustrationen steckenzubleiben?
Neugierde und eine offene Haltung gegenüber anderen können Sie trainieren. Dieses Training könnte dabei helfen.