Kein Radweg

Ich hatte ein anspruchsvolles Hügeltraining auf dem Mountainbike geplant. Voller Tatendrang stieg ich auf das Rad und begann mit dem ersten Stück: unserer Straße bergauf. Doch schon bei der ersten Rechtskurve spürte ich es – mein Hinterreifen war zu weich. Kein Drama, aber Grund genug, kurz nach Hause zurückzukehren und die Luftpumpe zu holen.

Ich drehte um und rollte langsam den Fußweg hinunter in Richtung Haus. In der Ferne sah ich zwei Fußgänger entgegenkommen. Ich verlangsamte und zog mich ganz nach rechts, fast bis an den Rand des Weges. Doch sie gingen zügig weiter, ohne viel Platz zu machen. Kein Problem, dachte ich, das wird schon passen. Mit einem freundlichen Gruß fuhr ich an ihnen vorbei.

Ich hörte, dass etwas in meine Richtung gesagt wurde. Ich verstand es jedoch nicht richtig und drehte mich um.
„Entschuldigung, was sagten Sie?“ fragte ich höflich.
„Kein Radweg,“ wiederholte er knapp.
„Das weiß ich,“ antwortete ich mit einem Lächeln. Er lächelte zurück, als wollte er die Schärfe seiner Worte abmildern. „Keine Unfälle,“ fügte er hinzu, und ohne Weiteres gingen sie weiter.

Ich fuhr in Richtung Haus weiter. Seine Worte hallten einen Moment nach. Vielleicht meinte er es gut. Oder vielleicht fühlte er sich einfach unwohl auf dem schmalen Weg. Zwei Worte – kein Radweg – und wie sie sich anfühlen können wie ein Schulterklopfen oder sogar wie ein Stoß, je nachdem, wie sie gesagt werden. So etwas Kleines kann eine Kettenreaktion auslösen.

Während ich weiterfuhr, dachte ich an das Theaterstück *Genug Platz* der Theatergruppe Rank2016. Genau darum geht es dort: Es gibt fast immer genug Platz, wenn wir bereit sind, einen Schritt zur Seite zu machen und einander Raum zu geben.

Anbei drei Reflexionsfragen, die zur persönlichen Weiterentwicklung basierend auf der obigen Geschichte einladen:

1. Wie gehen Sie normalerweise mit kleinen, alltäglichen Konfrontationen wie dieser um? Inwiefern möchten Sie sich darin weiterentwickeln?
2. Wie bewusst sind Sie sich, wie Ihre Handlungen andere beeinflussen, zum Beispiel wenn Sie den Fußweg mit anderen teilen?
3. Was inspiriert Sie an der Idee von „genug Platz“? Wie können Sie dieses Konzept konkret in Ihrem Alltag umsetzen?

Impulskontrolle gegenüber anderen können Sie trainieren. Dieses Training könnte dabei helfen.

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